
SF207 Werte und Bedürfnisse im Teamwork
Klarheit über das, was uns leitet
Haben Sie sich schon einmal gefragt, warum manche Entscheidungen wie ein innerer Kompass wirken, während andere Sie hin- und hergerissen fühlen lassen? Vielleicht standen Sie schon vor einer Wahl, bei der Ihr Bauchgefühl mit Ihren langfristigen Zielen im Clinch lag.
Genau darum geht es heute: um den Unterschied zwischen Bedürfnissen und Werten – ein Schlüssel für kluge Selbstführung und starkes Leadership. Diese Unterscheidung hilft uns, klarer zu denken, authentischer zu handeln und Teams wirkungsvoller zu führen.
Und ich habe noch etwas Besonderes für Sie: eine einfache, aber kraftvolle Übung, mit der Sie Ihre eigenen Werte und Bedürfnisse schärfen und Ihr Team auf ein neues Level bringen können. Also, bleiben Sie dran!
Was sind Bedürfnisse, was sind Werte?
Ich bin, das wissen viele meiner Hörerinnen und Hörer, ein Freund davon, Begriffe zu klären. Also, was unterscheidet Bedürfnisse von Werten?
Bedürfnisse sind quasi die Treibstoffe unseres Alltags. Sie sind oft direkt, manchmal flüchtig und hängen von der Situation ab. Beispiele?
– Das Bedürfnis nach Anerkennung, wenn Sie eine Präsentation halten.
– Der Wunsch nach Ruhe nach einem langen Arbeitstag.
– Der Drang, sich in einem neuen Projekt kreativ zu entfalten.
Bedürfnisse sind also grundlegende Bedingungen für unser Wohlbefinden. Sie können situativ sein und sich mit der Zeit verändern.
Werte hingegen sind unser innerer Kompass. Sie geben uns Orientierung, auch wenn der Sturm tobt. Werte sind tiefer verankert und überdauern kurzfristige Impulse. Beispiele?
– Integrität: Immer ehrlich zu bleiben, auch wenn es unbequem ist.
– Verantwortung: Für andere einzustehen, auch wenn es anstrengend wird.
– Wachstum: Sich selbst und andere kontinuierlich zu entwickeln.
Werte sind folglich wie übergeordnete Prinzipien, die uns langfristig leiten, auch in unruhigen Zeiten.
Fälle, in denen eine Abgrenzung schwerfällt
Es gibt Situationen, in denen die Grenze zwischen Bedürfnis und Wert unscharf wird. Drei Beispiele aus dem Alltag von Führungskräften zeigen das:
Wert: Integrität – Bedürfnis: Anerkennung
- Integrität (Wert): Eine Führungskraft handelt konsequent nach ethischen Prinzipien, z. B. indem sie transparente Entscheidungen trifft, auch wenn diese unpopulär sind. Dieser Wert leitet ihr Verhalten unabhängig von äußeren Umständen.
- Anerkennung (Bedürfnis): Dieselbe Führungskraft könnte das Bedürfnis haben, von ihrem Team oder Vorgesetzten für ihre Arbeit gelobt zu werden. Dieses Bedürfnis ist situativ und kann variieren, z. B. wenn sie sich unsicher fühlt.
- Unterschied: Integrität ist ein innerer Kompass, der stabil bleibt. Anerkennung ist ein emotionales Bedürfnis, das durch äußere Bestätigung erfüllt wird.
Wert: Zusammenarbeit – Bedürfnis: Sicherheit
- Zusammenarbeit (Wert): Eine Führungskraft legt Wert darauf, ein kooperatives Teamklima zu fördern, weil sie glaubt, dass gemeinsame Anstrengungen die besten Ergebnisse bringen. Sie investiert in Teamwork, auch wenn es zeitaufwendig ist.
- Sicherheit (Bedürfnis): Gleichzeitig könnte sie das Bedürfnis haben, finanzielle oder berufliche Stabilität zu sichern, z. B. durch das Vermeiden von Risiken in Projekten. Dieses Bedürfnis könnte sie dazu verleiten, konservative Entscheidungen zu treffen.
- Unterschied: Zusammenarbeit ist ein leitendes Prinzip, das langfristig orientiert ist. Sicherheit ist ein grundlegendes Bedürfnis, das kurzfristig getrieben sein kann.
Wert: Verantwortung – Bedürfnis: Autonomie
- Verantwortung (Wert): Eine Führungskraft sieht es als ihren Wert an, Verantwortung für die Ergebnisse ihres Teams zu übernehmen, auch wenn Fehler passieren. Sie steht zu Entscheidungen und deren Konsequenzen.
- Autonomie (Bedürfnis): Gleichzeitig hat sie das Bedürfnis, selbstbestimmt zu arbeiten und nicht ständig von Vorgesetzten kontrolliert zu werden. Dieses Bedürfnis könnte sie dazu bringen, sich gegen übermäßige Vorgaben zu wehren.
- Unterschied: Verantwortung ist ein übergeordneter Wert, der ihre Führungsrolle prägt. Autonomie ist ein persönliches Bedürfnis, das ihre Arbeitsweise beeinflusst.
Werte sind somit bewusste, langfristige Leitlinien, während Bedürfnisse eher unbewusste, situative Antriebe darstellen. Für Führungskräfte ist es wichtig, beides zu erkennen, um Konflikte zwischen Werten (z. B. Integrität) und Bedürfnissen (z. B. Anerkennung) zu navigieren.
Warum das für Selbstführung und Leadership so wichtig ist
Die Unterscheidung von Bedürfnissen und Werten ist essenziell für gute Selbstführung. Wenn wir unsere Werte klarer verstehen, können wir langfristig bessere Entscheidungen treffen. Werte helfen uns dabei, schwierige Momente zu überstehen, weil sie tiefer verankert sind als kurzfristige Bedürfnisse.
– Klarheit in Entscheidungen: Wenn Sie wissen, ob ein Bedürfnis oder ein Wert Sie antreibt, können Sie bewusster handeln. Das verhindert, dass Sie sich von kurzfristigen Impulsen leiten lassen.
– Stärke in Krisen: Werte sind wie Anker. In stressigen Momenten – sei es ein Konflikt im Team oder eine schwierige Karriereentscheidung – geben sie Ihnen Halt.
– Wirkung im Team: Als Führungskraft inspirieren Sie andere, wenn Sie wertorientiert handeln. Das schafft Vertrauen und Zusammenhalt.
Exkurs: Bedürfnisse und Werte in Teams – Eine Übung für Führungskräfte
Ich hatte Ihnen eingangs eine Übungsanleitung versprochen. Ich will zunächst den Kontext erklären, daher hier ein
Ein Führungsteam hat den Wert Transparenz in den Unternehmensleitlinien verankert. Doch einzelne Führungskräfte haben ein starkes Bedürfnis nach Sicherheit – und zögern daher, schwierige Informationen offen zu kommunizieren. Das führt zu Spannungen zwischen dem offiziellen Anspruch auf Offenheit und der individuellen Neigung, heikle Themen zu vermeiden.
Praxisbeispiel aus der Führungsebene
In einem Team-Workshop wurde diese Diskrepanz bewusst gemacht. Die Führungskräfte entwickelten gemeinsam Strategien, um Transparenz mit einem Gefühl von Sicherheit zu verbinden – etwa durch klare Kommunikationsrichtlinien und ein gegenseitiges Commitment, sensible Themen frühzeitig anzusprechen.
Warum ist das relevant für Teams?
– Bedürfnisse treiben kurzfristige Entscheidungen an, Werte hingegen prägen die langfristige Strategie eines Teams oder Unternehmens.
– Ein Team, das sich seiner geteilten Werte bewusst ist, kann nachhaltigere und konsistentere Entscheidungen treffen.
– Missverständnisse entstehen oft, weil einzelne Teammitglieder ihre persönlichen Bedürfnisse als allgemeingültige Werte betrachten.
Ich habe es eingangs schon erwähnt: Wenn Sie als Führungskraft oder Teammitglied Klarheit über die Dynamik von Werten und Bedürfnissen im Team gewinnen, können Sie nachhaltig bessere Entscheidungen treffen und gemeinsam wirksamer handeln.
Hier ist eine einfache Anleitung für eine Übung, mit dem sich Ihr Team reflektieren und sich besser ausrichten kann.
Übung: Werte vs. Bedürfnisse im Team klären
Einleitung (5 Minuten)
- Erläutern Sie den Stellenwert und den Nutzen, sich mit dem Thema zu beschäftigen
- Geben Sie eine kurze Begriffsdefinition von Bedürfnissen und Werten (mit Beispielen, z.B. Listen von Bedürfnissen und Werten)
Individuelle Reflexion (10 Minuten)
Jedes Teammitglied beantwortet für sich folgende Fragen:
- Welche drei Bedürfnisse treiben mich in meiner Arbeit besonders an?
- Welche drei Werte sind mir in der Zusammenarbeit am wichtigsten?
- Gibt es Momente, in denen mein Bedürfnis meine Werte überlagert?
Austausch in Kleingruppen (15 Minuten)
Die Teammitglieder teilen ihre Erkenntnisse in kleinen Gruppen (2-3 Personen) und besprechen:
- Wo gibt es Gemeinsamkeiten in den Bedürfnissen und Werten?
- Wo gibt es Unterschiede?
- Welche Spannungen könnten daraus entstehen?
Plenum und Abgleich mit Unternehmenswerten (20 Minuten)
Die Kleingruppen präsentieren ihre zentralen Erkenntnisse.
Als Team wird reflektiert:
- Stimmen unsere persönlichen Werte mit den offiziellen Unternehmenswerten überein?
- Gibt es Bedürfnisse, die im Team stark sind, aber nicht in den Unternehmenswerten verankert sind?
- Wo besteht Handlungsbedarf, um eine bessere Balance zwischen Bedürfnissen und Werten zu schaffen?
Soweit diese kurze Anleitung, die Sie natürlich an Ihre Situation anpassen können.
Fazit und Reflexionsfragen
Hier noch einmal wiederholt:
Bedürfnisse sind grundlegende Bedingungen für unser Wohlbefinden. Sie können situativ sein und sich mit der Zeit verändern.
Werte dagegen sind wie übergeordnete Prinzipien, die uns langfristig leiten, auch in unruhigen Zeiten.
Reflektieren Sie diesen Unterschied nicht nur persönlich, sondern auch im Team, so mein Appell. Wenn Sie als Führungskraft oder Teammitglied Klarheit über die Dynamik von Werten und Bedürfnissen im Team gewinnen, können Sie gemeinsam wirksamer handeln.
Nun sind Sie dran: Reflektieren Sie Ihr eigenes Verhältnis zu Werten und Bedürfnissen. Hier sind drei Fragen, die Ihnen dabei helfen können:
– Welche Bedürfnisse dominieren mein tägliches Handeln und welche Werte leiten mich darüber hinaus?
– In welchen Momenten habe ich ein kurzfristiges Bedürfnis mit einem echten Wert verwechselt?
– Bin ich bereit, für meine Werte auf bestimmte Bedürfnisse zu verzichten?
Ich lade Sie ein, über diese Fragen nachzudenken und mir Ihre Gedanken mitzuteilen – gerne über LinkedIn oder per Nachricht.
Wenn Ihnen diese Episode gefallen hat, dann hinterlassen Sie gern eine Bewertung oder teilen Sie sie mit jemandem, der von diesen Impulsen profitieren könnte. Das hilft mir, den Podcast weiterzuführen und möglichst viele Menschen auf ihrem Weg der Selbstführung zu unterstützen.
Musik im Vor- und Nachspann
by Joakim Karud http://soundcloud.com/joakimkarud